Teil 2
- Warum ich einen Rahmen in der Eingewöhnung wichtig finde und was ich damit meine?
- Möglicher Ablauf einer Eingewöhnung
- 10 Dinge, die bei der Eingewöhnung hilfreich sind
- Idee für einen Elternabend zum Thema Eingewöhnung
Warum ich eine Rahmen in der Eingewöhnung wichtig finde und was ich damit meine?
Ich halte es für sinnvoll, einen klaren Rahmen für den Ablauf der Eingewöhnung zu haben, um den Eltern einen Überblick darüber zu geben, wie dieser Prozess gestaltet werden kann. Viele Eltern sind unsicher, was sie während der Eingewöhnung erwartet, und ein solcher Überblick kann helfen, diese Bedenken zu zerstreuen.
Der Rahmen soll auch dem pädagogischen Personal Halt und Orientierung bieten. Gerade wenn die Elementarpädagog*in krank ist und jemand die Eingewöhnung übernimmt, ist ein Rahmen hilfreich und nützlich.
Vielleicht denkt sich jetzt der eine oder die andere, dass Rahmen und bedürfnisorientiert sich widersprechen, doch in meinen Augen ist dem nicht so, weil ich trotz eines Rahmen die Gestaltung individuell und bedürfnisorientiert umsetzen kann.
Wichtig ist den Eltern mitzuteilen, dass dies ein Überblick über den Ablauf ist, jedoch jede Eingewöhnung individuell erfolgt und an die Bedürfnisse sowohl des Kindes als auch der Eltern angepasst wird.
Täglich sollte besprochen werden, wie der Tag verlaufen ist und was für den nächsten Tag geplant ist.
Insbesondere wenn mehrere Eingewöhnungen gleichzeitig stattfinden, ist es von Bedeutung, sich einen guten Überblick zu schaffen, damit jedes Kind und jede Bindungsperson die Möglichkeit erhält, eine bedürfnisorientierte Eingewöhnung zu durchlaufen.
Hier einige Tipps, was bei gleichzeitigen Eingewöhnungen hilfreich sein kann:
Möglicher Ablauf einer Eingewöhnung
Mir ist bewusst, dass die Eingewöhnung in einem Kindergarten ein bisschen anderes abläuft als in der Krabbelstube. Jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass auch hier wichtig ist individuell den Kindern Zeit zu geben und auf die Bedürfnisse einzugehen.
Das bedeutet: Wenn ein Kind die Sicherheit der Bindungsperson im Gruppenraum braucht, dann macht es möglich. Im Kindergarten werden nicht alle Kinder die Bindungsperson im Gruppenraum benötigen, weil sie bereits zuvor außerfamiliär betreut worden sind. Seid offen für die Kinder und die Eltern, um die sensible Phase individuell und bedürfnisorientiert zu begleiten.
Jetzt zum Ablauf der Eingewöhnung bei Kindern unter 3 Jahren:
Ich empfehle eine Eingewöhnungsdauer von mindestens 4 bis 6 Wochen. In der Praxis war dies leider nicht immer umsetzbar, aber es ist wichtig, dass ihr im Sinne der Kinder diesen Zeitraum im Fokus habt und einfordert. Sollten die Eltern nicht in der Lage sein, diese 4 bis 6 Wochen zu gewährleisten, könnten auch andere Bindungspersonen den Prozess unterstützen.
In meiner Zeit als Pädagogin habe ich mich an den Eingewöhnungsmodellen von Berlin und München orientiert, da sie in Bezug auf Zeitraum und Herangehensweise eine gute Kombination bieten. Natürlich wurden beide Modelle individuell an die Bedürfnisse der Kinder angepasst.
1. Tag bis die Anzeichen für die Trennung erkennbar sind
Die Bindungsperson und das Kind verbringen gemeinsam Zeit im Gruppenraum und lernen das pädagogische Personal sowie die Räumlichkeiten kennen. Nutzt diese Zeit, um mit der Bindungsperson ins Gespräch zu kommen, erkundigt euch über Gewohnheiten und Spielinteressen des Kindes. Falls das Kind eine andere Muttersprache hat, kann auch hier die Bindungsperson gebeten werden wichtige Phrasen für die Trennung in der Muttersprache aufzuschreiben. Z.B. Die Mama kommt wieder.; Hast du Hunger oder Durst?; Ich bin für dich da.
Nehmt euch die Zeit die es braucht und schenkt den Eltern die Möglichkeit Einblick in eure wertvolle Arbeit und in den Tagesablauf zu erhalten. Das stärkt das Vertrauen und gibt ihnen Sicherheit.
1. Trennung
Hier ist wichtig, dass das Kind Anzeichen für eine Trennung zeigt und die Bindungsperson bereit ist.
Wie erkenne ich, dass das Kind und die Bindungsperson für die erste Trennung bereit sind?
Bei der ersten Trennung ist es entscheidend, dass die Bindungsperson bereit ist, sich vom Kind zu verabschieden. Zeigt sich Unsicherheit oder Zögern, solltest du direkt nachfragen, ob sie für die Trennung bereit ist oder ob sie noch einen Tag warten möchte.
Stelle der Bindungsperson die Frage:
- Was benötigen die Bindungsperson, um sich verabschieden und loslassen zu können?
- Welche Ressourcen hat die Bindungsperson für den „Loslass“ Prozess?
Anzeichen, dass das Kind für die erste Trennung bereit ist, können folgende sein:
- Das Kind bewegt sich aktiv von der Bindungsperson weg und beginnt, neugierig die Umgebung zu erkunden.
- Es sucht aktiv den Kontakt zur Pädagog*in oder zur pädagogischen Assistenzkraft, Tagesmutter / – vater, indem es gemeinsam mit ihnen spielt oder Hilfe in Anspruch nimmt.
- Das Kind sucht weniger Blickkontakt zur Bindungsperson.
Das Kind trifft nicht die Entscheidung über die Trennung, weil es wünscht sich, dass die Bindungsperson bleibt. Daher ist es wichtig, die oben genannten Anzeichen zu beobachten und die Bindungsperson dabei zu unterstützen, die Verantwortung für die Verabschiedung zu übernehmen. In diesem Prozess ist es entscheidend, Klarheit zu schaffen, damit das Kind sich darauf einlassen kann. Bei der Trennung ist es unerlässlich, dass die Bindungsperson sich vom Kind verabschiedet, sodass das Kind wahrnimmt, dass die Bindungsperson den Raum verlässt. Es kann dabei zu Tränen kommen, und es ist wichtig, dass das Kind von der Pädagogin oder der pädagogischen Assistenzkraft einfühlsam und empathisch begleitet wird. Es ist sinnvoll, dass die Person den Prozess begleitet, wo das Kind bereits Beziehung aufgebaut hat.
Da es mir so wichtig ist erwähne ich es hier nochmal: Die Verabschiedung ist bei der Trennung unerlässlich, damit das Kind weiß, dass die Bindungsperson jetzt geht. Die Bindungsperson bleibt im Gebäude und kann bei Bedarf in den Gruppenraum geholt werden.
Ich habe es so gehandhabt, dass die Eltern zunächst zusammen mit dem Kind im Gruppenraum blieben und sich dann nach etwa 45 Minuten verabschiedeten. Die Dauer der ersten Trennung richtet sich nach dem Kind und dessen Fähigkeit, mit der Situation umzugehen und sich zu beruhigen. Gebt den Emotionen des Kindes Raum, denn sie sind bedeutend für diesen Prozess. Ich würde empfehlen, die erste Trennung auf maximal 5 bis 10 Minuten zu begrenzen.
Wenn die erste Trennung gut verlaufen ist, kann am nächsten Tag die Zeit der Trennung verlängert und die Zeit mit der Bindungsperson verkürzt werden. Falls die erste Trennung jedoch nicht gut gelaufen ist und das Kind Schwierigkeiten hatte, sich zu beruhigen, ist es völlig in Ordnung, einen Schritt zurückzugehen und die Bindungsperson im Gruppenraum zu belassen. Das gibt dem Kind Sicherheit und Geborgenheit. Hier braucht es einfach noch Zeit und setzt euch im Wohle des Kindes dafür ein.
Ein hilfreicher Tipp: Gestaltet die Freitage und Montage stets gleich, da das Wochenende dazwischenliegt und das Kind an die letzten Erlebnisse anknüpfen kann.
Schritt für Schritt wird die Zeit, die das Kind allein im Gruppenraum verbringt, erweitert. Ab dem Zeitpunkt, an dem das Kind eine Stunde allein bleibt, kann die Bindungsperson auch das Gebäude verlassen, sollte jedoch telefonisch erreichbar sein.
10 Dinge, die bei der Eingewöhnung hilfreich sind
- Genügend Zeit
- Zuversicht und Vertrauen in den Eingewöhnungsprozess sowie in alle beteiligten Personen entwickeln (Loslassen und Abschied nehmen)
- Klare Absprachen treffen und Offenheit in der Kommunikation pflegen
- Den Emotionen von Eltern und Kindern Raum geben
- Zusammenarbeit statt Konkurrenz – füreinander da sein
- Zeige ehrliches Interesse an der Lebensumwelt der Familie (Muttersprache, Familiensituation, etc.) und erkundige dich in der Eingewöhnung, wie es der Bindungsperson und dem Kind ergeht (mögliche Verhaltensveränderungen zuhause erkennbar)
- Routinen und Rituale etablieren und einführen
- Begrüßungs- und Abschiedsrituale
- kleine Mitbringsel von zuhause, die Sicherheit geben z.B. Kuscheltiere, Schal mit Duft von der Mama, Kette mit Bild, …
- Unterstützung suchen – Austausch mit Kolleginnen, Trägern oder externe Begleitung in Zeiten von Überforderung oder herausfordernden Eingewöhnungen
- Im Hier und Jetzt leben – jeden Tag neu reflektieren
- Zeit für Selbstfürsorge einplanen – Sorge gut für dich selbst. Nur wenn du dich wohlfühlst, kannst du das Kind einfühlsam begleiten und auch für die anderen Kinder da sein.
Idee für einen Elternabend zum Thema Eingewöhnung
Gestalte und erarbeite gemeinsam mit den Eltern ein Bild für die Eingewöhnung.
Das Kind ist die Blume.
Eine Blume braucht Wasser und Sonnenlicht um zu wachsen.
Die Eltern sind die Sonne, für das Licht.
- Was tragen die Eltern bei, damit das Kind (Blume) wachsen kann?
- Was können sie dem Kind mitgeben?
- Wie können sie diesen Prozess unterstützen und positiv beeinflussen?
Das pädagogische Personal sind die Gießkanne, für das Wasser.
- Was trägt das pädagogische Personal bei, damit das Kind (Blume) wachsen kann?
- Was können sie dem Kind mitgeben?
- Wie können sie diesen Prozess unterstützen und positiv beeinflussen?
Ich finde es eine schöne Möglichkeit, um gemeinsam ein Bild zu schaffen, dass den Prozess der bedürnfisorientieren Eingewöhnung visualisiert. Also schafft gemeinsam ein Bild, dass euch in diesem Prozess stärkt und das Kind (die Blume) wachsen lässt.
Ich hoffe du konntest dir aus den beiden Blogbeiträgen Inputs für die bedürfnisorientierte Eingewöhnung in deiner Gruppe mitnehmen.
Halt dir vor Augen, dass jeder Anfang Spuren hinterlässt und biete einem Kind den Anfang den du gerne hättest.
Deine Arbeit ist so wertvoll.
Ich freu mich auf deine Rückmeldungen, Fragen, Anregungen und Wünsche.
Alles Liebe Corinna